Nein, (Nieder-)Österreich gilt nicht als das Ursprungsland des Weißkrauts. Schon den Griechen, Kelten und Römern war die Heilwirkung des Krauts bekannt, die Sauerkraut-Herstellung wurde angeblich von den Chinesen erfunden. Botanisch gehört das Kraut wie die restliche Palette der bekannten Kohlgewächse zu den Kreuzblütlern, und auch Raps, Kren und Senf gehören zu dieser Familie.
Krautwickel gelten als Heilmittel bei Rheuma, Gicht oder Prellungen, Sauerkraut ist wie jedes milchsaure vergorene Gemüse eine Quelle für Vitamin B12, was vor allem für vegan lebende Menschen wichtig ist. War Kraut früher noch ein sehr beliebtes Lebensmitel, lässt sich der heutige Stellenwert an den Produktionszahlen ablesen: allein zwischen 1980 und 2000 nahm die Produktion in Österreich von 195.000 Tonnen auf unter 80.000 Tonnen ab.
Wie auch immer sich das erklären lässt, das Kraut gehört dennoch – auch durch den böhmischen Einfluss – hier im Osten Österreichs zu den typischen Lebensmitteln. Nicht nur als Beilage zu den Klassikern Schweinsbraten und Selchfleisch- oder Grammelknödel, auch an jeder Salatbar und auf jeder Heurigenkarte findet man kalten oder warmen Krautsalat. Die eigentliche typisch niederösterreichische
Zutat heute ist jedoch der Kümmel. Als eines von wenigen Gewürzen gedeiht er im Waldviertel, dem nordwestlichen Viertel Niederösterreichs. Seine verdauungs-fördernde Wirkung macht Gerichte mit Kraut und Hülsenfrüchten erst bekömmlich. Die ätherischen Öle Limonen und Carvon sorgen für den typischen Geschmack. Kümmel besteht zu einem Drittel aus Ballaststoffen und enthält die lebensnotwendigen Omega-3- und Omega-6- Fettsäuren. Viele gute Gründe also, die für die großzügige und regelmäßige Verwendung dieses heimischen Gewürzes sprechen. Wäre da nicht der
aufdringliche Geschmack der ätherischen Öle, der sich beim Zerbeißen entfaltet. Der ist nicht jedermanns Sache, lässt sich aber wirkungsvoll abschwächen, indem man die Kümmelsamen schon grob oder fein gemahlen den Gerichten zusetzt.
Mein Rezept für Krautsalat kommt heute solo daher, dafür in 2 Varianten: warm und kalt. Den “kalten Krautsalat” mache ich auf Vorrat für die kommende Woche. Man kann den Salat zwar schon nach wenigen Stunden essen, besser ist es, er darf zumindest über Nacht durchziehen.
Krautsalat mit Waldviertler Kümmel
Zutaten: 1/2 kg Weißkraut 1/2 EL Salz ca. 100 ml Essig /Verjus 1 TL gemahlener Kümmel nach Geschmack: Apfel-/Birnendicksaft
Zubereitung: Das Kraut halbieren, den Strunk herausschneiden und fein hobeln. Ich erledige das im Food Processor mit dem feinen Hobel – oder besser,
der Food Processor erledigt es für mich. ;-). Kraut und Salz in einer großen Schüssel mit den Händen gut durchkneten. Dabei werden die Zellwände zerstört, das Salz dringt ein und das Kraut wird weich. 1 Stunde stehenlassen, wenn sich sehr viel Wasser abgesetzt hat einen Teil davon abgießen. Essig und gemahlenen Kümmel dazugeben und gut durchmischen. Wer es ein wenig lieblicher möchte, schmeckt mit Apfelsaft oder selbstgemachtem Dicksaft ab. Ich habe neben Essig auch meinen milden Verjus verwendet.
Den fertigen Salat lässt man noch einige Stunden im Kühlschrank durchziehen.
Warmer Krautsalat
Zutaten: 1/2 kg Weißkraut 1 große Zwiebel 2 EL Öl 1/2 EL Salz ca. 100 ml Essig /Verjus 300 ml Wasser 1 TL gemahlener Kümmel nach Geschmack: Apfel-/Birnendicksaft
Zubereitung: Zwiebel schälen, halbieren und mit dem Gemüsehobel fein hobeln oder mit dem Messer fein hacken. Vom Weißkraut den Strunk entfernen und in feine Streifen hobeln.
Öl in einem großen Topf erhitzen, Zwiebel darin hell anschwitzen, das Kraut dazugeben und einige Minuten unter Rühren anrösten, bis es duftet (geröstetes Kraut hat einen herrlichen Duft finde ich). Bevor es richtig zu bräunen beginnt gießt man mit Essig und Wasser auf, gibt Salz und gemahlenen (oder auch ganzen, wem das lieber ist) Kümmel dazu und lässt das Kraut bei geschlossenem Deckel ca. 30 min. weichdünsten.
Dazu passen: nicht nur Schweinsbraten und gefüllte Knödel, auch zu allen Bratlingen schmeckt der kalte Krautsalat hervorragend! Oder wie bei mir: zu Kartoffelgratin und gebackenem Fisch. Ein weiteres typisch niederösterreichisches Rezept findet ihr hier – Feuerflecken mit Rahmsauce!
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