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  • Writer's pictureHeidi Hell

Heute Hui – morgen Pfui! Wie sich unser Geschmack entwickelt

Warum essen wir, was wir essen? Und wie sehr bestimmen wir das selbst? Der Grundstein für unser Essverhalten wird zweifellos in der Kindheit gelegt, die Geschmacksentwicklung begleitet uns ein Leben lang. Einige grundlegende Informationen zum Verständnis dieser Fragen gibt es in diesem Artikel. Danach können wir uns der Frage widmen, wie man Kindern gesundes Essen schmackhaft macht.

  1. Geschmacksvorlieben sind

angeboren Uns Menschen ist die Vorliebe für Süßes tatsächlich angeboren. Man nennt den süßen Geschmack auch den “Sicherheitsgeschmack der Evolution”. Er hat die Menschheit überleben lassen, während wir im Laufe der Zeit erkennen mussten, dass saure und bittere Früchte aus der Natur für uns schädlich, wenn nicht sogar tödlich sein konnten. “Süß” bedeutet auch “energiereich”, wie es Kerne, Samen, Nüsse und auch Getreide sind.

  1. Geschmack entwickelt sich (- ein Leben lang) Nachdem die meisten Kinder zu Beginn ihres Lebens beim Essen bzw. Füttern recht unkompliziert waren (einfach ist es dennoch nicht immer!) kommt etwa im Alter von 18 Monaten ein Phänomen zum Vorschein, das bei manchen stärker und bei manchen kaum ausgeprägt ist: die Neophobie, die Angst vor Neuem. Sie hängt damit zusammen, dass das Kind nun mobil ist, sich auch ohne Mama fortbewegen kann und nun quasi auf sich allein gestellt die Welt erkundet (der Prozess der Loslösung und des Selbständig-werdens beginnt schon früh!). Nun ist Vorsicht geboten, die sich auch beim Essen widerspiegelt. Bisher Gemochtes kann plötzlich abgelehnt werden, das Kind wird beim Essen wieder wählerischer. Diese Phase hält sich bei manchen Kindern sehr hartnäckig bis zum 10. Lebensjahr. Ich fürchte, man kann diesen natürlichen Entwicklungsschritt seines Kindes auch ungünstig beeinflussen.

  2. Das Prägealter Die ersten ca. 13 Jahre unseres Lebens sind eine besondere Zeit: die Prägephase. Vieles von dem, was in dieser Zeit regelmäßig gemacht, erlebt, gesehen, gehört,…wird prägt uns. Wenn es zuhause mittags immer eine Suppe gibt, wird das Kind das als “normal” empfinden und später in der eigenen Wohnung auch mittags Suppe essen. Lebensmittel, die man schon als Kind kennengelernt hat, wird man auch später eher essen. Deswegen wird immer wieder empfohlen, dem Kind viele Lebensmittel anzubieten (möglichst schon im Beikostalter). Viele Ernährungsgewohnheiten werden in dieser Zeit angelegt. Es macht Sinn, sich die eigenen Gewohnheiten bewusst zu machen und zu überlegen, ob man sie möchte oder nicht. Es mag sinnvoll sein, die tägliche Süßigkeiten-Portion gleich nach dem Mittagessen zu verspeisen, aber wenn ich das jeden Tag mache, wird es zur Gewohnheit. Und mit Gewohnheiten ist es so, dass wir sie automatisch tun – ohne darüber nachzudenken oder selbst noch entscheiden zu können.

  3. Lernen am Vorbild

Die Prägephase hat auch einen engen Zusammenhang mit der “Vorbildfunktion”. Wir lernen unheimlich viel durch das Nachahmen unserer Vorbilder. Kinder nennen das auch als Grund, warum sie gerne kochen: weil sie dann genau so sein können wie die Erwachsenen. Beim Hantieren in der Werkstatt ist es das gleiche, und wehe, Papa möchte mich mit einem Plastikhammer abspeisen! Es muss schon ein echter sein! Das erste und  wichtigste Vorbild in unserem Leben ist unsere Mutter (bis zum Alter von ca. 8 Jahren), danach ist es die Lehrerin, die dann mit etwa 14 Jahren von den Gleichaltrigen abgelöst wird. Zu diesem Zeitpunkt ist die Prägephase schon abgeschlossen! Wir können hoffen, dass unsere Kinder, die sich nun vielleicht stärker Fast Food, Chips und Energydrinks zuwenden, diese Ernährungsweise nicht mehr einprägen werden! 😉

  1. Geschmack braucht Erfahrung Wenn man etwas zum ersten Mal kostet, kann es sein, dass es uns schmeckt, eher wahrscheinlich ist jedoch, dass wir dem neuen Geschmack noch ein wenig unentschlossen gegenüberstehen. Vor allem dann, wenn er sich nicht mit Bekanntem vergleichen lässt, wenn Geschmack, Aussehen oder Konsistenz gänzlich unbekannt für uns sind. Unser Gehirn versucht jeden Eindruck mit Bekanntem, bereits Gelerntem zu vergleichen, je mehr Verknüpfungen es findet, umso eher wird etwas als “gut” empfunden. Mein eigenes Beispiel dazu ist “Hummus”. Als ich ihn vor einigen Jahren zum ersten Mal probierte, dachte ich mir “Das ist nicht meins.” Aber wie es so ist, man probiert ein paarmal und – gewöhnt sich an den Geschmack. So einfach geht es. Wenn wir etwas nur oft genug kosten, wird es uns irgendwann einmal schmecken. (Ausnahmen gibt es wie überall auch hier.) Dieses Phänomen hat einen Namen: Mere Exposure Effect. Gemeint ist, dass wir durch bloßes, wiederholtes Kosten den Geschmack eines Lebensmittel kennen- und liebenlernen können. Es liegt also nicht am tollen Geschmack des Apfels allein, dass wir ihn mögen, sondern vor allem daran, dass wir – bzw. unser Gehirn – ihn schon so gut kennen!

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