Heidi Hell
Was ist “echtes” Essen?
Kennt ihr den “Incredible Burger”? Retortenfleisch? Käse-Imitate? Soja-“Milch”? Solche Lebensmittel sorgen immer wieder für Schlagzeilen und hitzige Diskussionen.

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Es handele sich dabei um Nachahmungen, vielleicht sogar Betrug, weil Namen verwendet werden, die man ja eigentlich mit anderen – “echten, ehrlichen” Produkten verbindet. Der Konsument wird getäuscht, die irreführende Bezeichnung lässt ihn glatt vergessen, dass die Zutatenliste alle Informationen enthält, die er nicht sucht. “Echtes” Fleisch, “echte” Milch stamme von Tieren, nicht von Pflanzen. Deshalb müssen Lebensmittel auch eindeutig bezeichnet und deklariert werden. Zum Schutz des Konsumenten vor Täuschung.

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Wir Österreicher wissen, wie schmerzlich solche geforderten Produkt-(Um)benennungen sein können. Spätestens seit 2003, als uns von der EU verboten wurde, unsere eingekochten Früchte “Marmelade” zu nennen, weil das ausschließlich den Erzeugnissen aus Zitrusfrüchten vorbehalten ist. Ich kann mich noch gut an die Aufregung von damals erinnern. Doch halt! Nun ist’s ja umgekehrt. Nun fordern wir die Umbenennung, damals haben wir uns darüber aufgeregt. Wollten uns nicht vorwerfen lassen, dass wir unsere Erdbeer- und Marillenmarmelade falsch deklarieren und damit täuschen.

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Warum ernten die “vegetarischen Filet-Streifen” und der “Incredible Burger aus Soja- und Weizeneiweiß” dennoch so viel Unverständnis? Und auch die Menschen, die diese Produkte statt der “ehrlichen” tierischen Produkte essen? Man hört im Moment oft, dass der Fleischkonsum reduziert werden muss – müsste – sollte. Das leuchtet uns ein, umso mehr macht es vielen Menschen Angst. Den “pflanzlichen Fleischersatz” ins Lächerliche zu ziehen oder als Unsinn zu bezeichnen ist eine Möglichkeit damit zurechtzukommen. Sicher – es gibt unter den “Veggie”-Produkten nicht nur empfehlenswerte Vertreter. Bei Bio-Produkten ist es genauso. Viele Menschen sind erstaunt, dass sie Zucker oder Aromastoffe enthalten. Bio heißt aber nicht “zuckerfrei”. “Vegan” oder “vegetarisch” heißt nicht “ohne künstliche Konservierungmittel, Aromastoffe,…”.
Lesen oder fragen bleibt dem Konsumenten weiterhin nicht erspart, wenn er wissen will, was er isst und trinkt. Das ist unmöglich, wirft der überforderte Konsument ein. Da kennt sich doch niemand mehr aus! Warum es heutzutage so schwer ist, sich bei “Lebensmitteln” auszukennen? Der Großteil unserer Lebensmittel wird nicht in seiner ursprünglichen Form z.B. beim Bauern gekauft, sondern stammt aus einem verarbeitenden Betrieb. Diese Betriebe gehören zur Lebensmittelindustrie. Die umsatzstärksten Bereiche der österreichischen Lebensmittelindustrie sind die Süßwaren, die alkoholfreien Erfrischungsgetränke und die Fleischwaren. Wundert es da noch, dass sowohl der durchschnittliche österreichische Zucker- als auch Fleischkonsum 100% und mehr über den Empfehlungen liegt? Wundert es da noch, dass es ErnährungsberaterInnen braucht, um sich im Dschungel der Supermärkte und Zutatenlisten zurecht zu finden?
Die Diskussion um “echten” und “Fake”-Käse ist da nur eine Nebensache. Doch wenn wir schon dabei sind: darf der “Erdäpfelkäs” den Käse im Namen führen? Dürfen wir Himbeersaft und Hollersaft sagen, wenn es sich doch um Limonade handelt? Sollte das Fruchtjoghurt, das mehr Zucker als Früchte enthält nicht Zuckerjoghurt heißen?

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Fragen über Fragen! Und es gibt noch viele mehr! Zum Abschluss noch der eigentliche Grund des Beitrags: ich habe den Incredible Burger und die vegetarischen Filet-Streifen probiert. Darüber schreibe ich in einem eigenen Artikel. Für heute sage ich “Danke! für’s Lesen!” Wenn euch ein Kommentar auf den Lippen brennt: Nur zu! 🙂